Wohl kein Ostseebad, das etwas auf sich hält, würde freiwillig auf seine Seebrücke verzichten. Rund 20 davon gibt es derzeit an der mecklenburgischen und vorpommerschen Ostseeküste und viele von ihnen wurden zum Wahrzeichen ihres Urlaubsortes.
Gebaut wurden sie ursprünglich weniger, um darauf zu flanieren, sonder eher aus praktischen Erwägungen. Die Dampfer nämlich, die die Urlaube zu ihren Ausflugszielen brachten, konnten an den seichten Stränden nicht anlanden und so wurden die Reisenden per Fischerboot an Land gebracht. Für den ein oder anderen endete das mit einem unfreiwilligen und vorzeitigen Bad im Meer.
Daher baute man Landungsbrücken, an denen die Schiffe anlegen konnten.
In anderen Orten, wie zum Beispiel in Zingst, waren sie als Badestege gedacht. Nur einfache Holzstege, über die man trockenen Fußes ans Ufer gelangte, blieben sie nicht lange.
Bald schon entwickelten sie sich zu beliebten Flaniermeilen, auf denen es chic war sich zu zeigen und es gehörte zum guten Ton, auf ihnen entlang zu spazieren. Cafés, Restaurants, Tanzsäle und selbst Casinos wurden auf ihnen oder in ihrer unmittelbaren Nähe gebaut und so entwickelte sich in ihrem Umfeld eine einzigartige Kulturszene der damaligen Zeit. Vielen Malern war sie Motiv für ihre Bilder und so manchem Dichter Inspiration.
Die meisten von ihnen wurden um die Jahrhundertwende zum 19. Jahrhundert errichtet, allen voran die Seebrücke in Heringsdorf, die heute mit stolzen 508 Metern die längste auf dem europäischen Festland ist.
Aber auch sie teilte das Los vieler ihrer Schwestern, deren Pracht nicht überdauerte und die nach dem zweiten Weltkrieg wieder verschwanden. Die meisten von ihnen fielen den Naturgewalten zum Opfer. Feuer, Wind und Eisgang machten ihnen den Garaus. Die von Binz stürzte 1912 gar unter der Last mehrerer Badegäste ein.
Einzig die Seebrücke Ahlbecks hat die Zeiten überdauert. Dafür handelt es sich auch um ein wahres Schmuckstück. Sie wurde 1898 eröffnet und ist damit die älteste ihrer Art in Deutschland. Das hölzerne Gaststättengebäude mit seinen vier kurzen Türmchen ist aus dem Stadtbild Ahlbecks nicht wegzudenken. Das heutige Aussehen erhielt das Gebäude übrigens in den 30- er Jahren. Sie ist nicht nur beliebter Ausflugsort des Kaiserbades, sondern eindrucksvoller Zeitzeuge von über 100 Jahren Bäderarchitektur.
In den 90-er Jahren machte man sich daran, auch die anderen Seebrücken an der Ostsee wieder aufzubauen und orientierte sich weitestgehend an den Originalen. Sie sind zwischen 106 (Saßnitzer Seebrücke als kleinste) und über 500 Meter lang. Nach wie vor dient der Großteil von ihnen als Anlegestelle für Ausflugs- und Fahrgastschiffe sowie reguläre Linienverbindungen zu anderen Städten der Ostseeinseln oder an der Küste. Einige, wie zum Beispiel die Seebrücken in Rerik und Kühlungsborn an der mecklenburgischen Ostseeküste, sind bei Anglern sehr beliebt und so mancher Dorsch und Hering hing hier schon am Haken.
Um die Seebrücke von Wustrow auf dem Fischland- Darß- Zingst befindet sich ein hervorragendes Tauchgebiet. Andere wieder locken mit den schönsten Einkaufsmöglichkeiten, mit Restaurants, Galerien oder Ausstellungen.
Und jede ist dabei einzigartig und hat ihre kleinen Besonderheiten.
Die Seebrücke in Heiligendamm ist schon die vierte, die dessen Bewohner einweihen konnten. Von ihrem Brückenkopf aus bietet sich ein wunderbarer Ausblick auf die im klassizistischen Stil gebauten Häuser der Stadt.
In Graal- Müritz beleuchten mehr als 20 Laternen nachts die Brücke. Die dazu benötigte Energie wird tagsüber durch die eigene Solaranlage gesammelt.
Die neu ausgehobene Fahrrinne der Seebrücke Wismar- Wendorf ermöglicht wieder das Anlegen von Schiffen und verbindet die Wismarer Altstadt mit dem Strand.
Bei allen Unterschieden und Besonderheiten haben alle Seebrücken aber eines gemeinsam: die Möglichkeit, sich bei einem Ostseeurlaub oberhalb der Ostseewellen den Seewind um die Nase wehen zu lassen, eine einzigartige Aussicht zu genießen, frische Luft zu tanken und dem Meer ganz nah zu sein.
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